10 Tipps für das Ansprechen von Jährlingen
Bei der Freigabe von männlichem Rehwild findet häufig eine Begrenzung auf Jährlinge statt. Insbesondere dann darf beim Ansprechen kein Fehler passieren. Mit den nachfolgenden 10 Tipps erkennst du sicher jeden Jährling.
Fotomontage: Markus Lück
Die Altersansprache von Rehböcken ist wahrhaftig nicht leicht. Ganz im Gegenteil! Die Altersbestimmung bei Rehböcken ist im Unterschied zur Ansprache von Rothirschen sehr schwer. Ehrlich gesagt muss ich immer ein wenig schmunzeln, wenn Rehböcke teilweise auf ein Jahr genau geschätzt werden. „Der Bock ist 3, 4, 5 bzw. x Jahre alt“ – eine Aussage, die zwar häufig getroffen wird, deren Wahrheitsgehalt nach meinen Erfahrungen jedoch häufig gegen 0 tendiert. Nicht umsonst gibt es unter den Berufsjägern einige, die lediglich zwischen Jährlingen oder mehrjährigen Rehböcken unterscheiden. Ich würde diese Aussage nicht ganz so extrem treffen. Aus meiner Sicht können bei männlichem Rehwild Jährlinge, junge bis mittelalte und alte Böcke unterschieden werden. Die Grenzen dabei sind natürlich fließend und immer wieder gibt es in den Altersklassen Vertreter, die von den Merkmalen her einer anderen Altersgruppe zuzuordnen wären. Das Ansprechen von Rehböcken ist eben, wie bereits zuvor gesagt, alles andere als leicht.
Wesentlich leichter anzusprechen als mehrjährige Rehböcke sind jedoch Jährlinge. Achtet der Jäger beim Ansprechen dieser Stücke auf ein paar wichtige Merkmale, ist der einjährige Rehbock meist sicher anzusprechen. Doch Vorsicht: Die Merkmale sollten nie isoliert betrachtet werden. Nur die Summe der Merkmale lässt ein sicheres Ansprechen zu. Weiterhin ist zu beachten, dass bei der Ansprache stets der Einfluss des Lebensraumes bedacht werden muss. Ein Stück Rehwild, welches seinen Einstand in einem kargen, monotonen Waldrevier hat, wird in der Regel völlig anders aussehen als ein Stück, welches in einem reichstrukturierten Wald-Feld-Revier auf fetten Standorten aufwächst. Beim Vergleich von Stücken sollten deshalb stets Vergleiche mit Stücken aus demselben oder einem sehr ähnlichen Revier stattfinden.
Auf diese Merkmale musst du beim Ansprechen von Jährlingen achten
Fegezeitpunkt
Zu Beginn der Jagdzeit auf Rehwild im April bzw. Mai ist der Zeitpunkt des Verfegens ein guter Indikator, ob es sich bei dem anzusprechenden Stück um einen Jährling handelt. Trägt der Bock zu Beginn der Jagdzeit Anfang Mai oder gar noch im April Bast an seinem Gehörn, handelt es sich in der Regel um einen jungen Bock. Lediglich bei kranken oder sehr alten Stücken und damit nicht mehr hochvitalen Stücken kann es dazu kommen, dass der Verfegezeitpunkt stark nach hinten rückt. Jährlinge tragen häufig bis Ende Mai oder gar bis in den Juni hinein Bast an ihrem Jährlingsgehörn.
Verfärbezeitpunkt
Genau wie der Zeitpunkt des Verfegens gibt auch der Zeitpunkt des Verfärbens einen Hinweis auf das Alter des anzusprechenden Rehbocks. „Jung verfärbt früh und fegt spät“, lautet ein Merksatz. Jährlinge und Schmalrehe haben in der Regel zu Beginn der Jagdzeit Anfang Mai bzw. in der zweiten Aprilhälfte mit dem Verfärben ihrer Decke begonnen. Häufig erstrahlen die Stücke bereits Anfang Mai in ihrer leuchtend roten Sommerdecke. Insbesondere im Vergleich zu anderen Stücken zu dieser Jahreszeit fallen die leuchtend roten Stücke auf. Ältere Böcke tragen häufig zu Beginn der Jagdzeit noch ihre Winterdecke.
Filigrane Statur
Eines der wichtigsten sowie aussagekräftigsten Merkmale beim Ansprechen von Jährlingen ist der körperliche Eindruck der Stücke. Insbesondere der Körperbau der Stücke lässt den Jäger rasch erkennen, ob es sich um ein einjähriges Stück handelt oder nicht. Jährlinge und Schmalrehe wirken in ihrem zweiten Lebensjahr noch sehr filigran. Doch je weiter das zweite Lebensjahr voranschreitet, desto unsicherer wird die Ansprache über dieses Merkmal. Doch bis zum Haarwechsel im Spätherbst ist der Körperbau beim Ansprechen sehr wichtig. Das Haupt von einjährigen Stücken wirkt im Vergleich zu mehrjährigen Stücken klein und spitz. Die Stücke wirken sehr hochläufig, weil die Masse des Wildkörpers noch nicht vorhanden ist. Die Rückenlinie ist gerade.
Dünner Träger
Die zuvor beschriebene filigrane Statur von Jährlingen wird abgerundet von einem sehr dünnen Träger. Wie bei einem Hundewelpen auch scheint bei einem Jährling noch nicht alles zusammen zu passen. Das Haupt scheint auf einem spindeldürren Träger zu sitzen.
Kindliches Haupt
Das Haupt von Jährlingen und Schmalrehen wirkt im direkten Vergleich zu mehrjährigen Ricken oder Böcken noch klein. Es scheint Richtung Äser mehr oder weniger spitz zuzulaufen. Immer mal wieder hört man in Gesprächen unter Jägern, dass ein graues Gesicht Merkmal für einen alten Bock sind. Dies ist jedoch alles andere als ein sicheres Merkmal beim Ansprechen. Denn so gibt es Jährlinge, die bereits mit einem eisgrauen Gesicht daherkommen. Dieses Merkmal scheint vielmehr von der Veranlagung als vom Alter abzuhängen.
Oft noch bei der Ricke
Schmalrehe und Jährlinge werden zwar mit dem Wechsel des Jagdjahres nach dem Gesetz zu Jährlingen und Schmalrehen, doch es handelt sich noch um verhältnismäßig junge Stücke, die eine mehr oder weniger große Bindung zu der zugehörigen Ricke haben. Die Stücke befinden sich in ihrer Entwicklung in der Übergangsphase zwischen Kitz und adultem Reh. Schmalrehe und Jährlinge sind deshalb zu Beginn der Jagdzeit im Mai noch häufig gemeinsam mit ihren Müttern zu beobachten. Erst wenn der Setzzeitpunkt der neuen Kitze näher rückt, duldet die Ricke ihren Nachwuchs aus dem zurückliegenden Jahr nicht mehr in ihrer Nähe und die einjährigen Stücke müssen ohne die Führung ihrer Mutter auskommen.
Oft mit Geschwistern
Genau wie die Bindung an das Muttertier besteht insbesondere zu Beginn der Jagdzeit noch die Bindung an möglicherweise vorhandene Geschwister. Jährlinge sowie Schmalrehe treten deshalb häufig zu Beginn der Jagdzeit noch mit ihren Geschwistern aus. Anblicke von zwei Jährlingen, zwei Schmalrehen bzw. einem Schmalreh und einem Jährling sind deshalb zu dieser Zeit keine Seltenheit. Diese Bindung unter Geschwistern verschwindet jedoch in der Regel spätestens mit dem Einsetzen der Brunft. Schmalrehe nehmen dann aktiv an der Brunft teil und auch Jährlinge gehen auf Brautschau, wenn sie denn die Möglichkeit dazu bekommen.
„Aufgeregtes, unvorsichtiges Verhalten“
Neben dem Wildkörper liefert das Verhalten der Stücke aus meiner Sicht die meisten Indizien für die Ansprache von Jährlingen. Einjährige Stücke Rehwild sind häufig in ihrem Verhalten sehr aktiv und wirken fast nervös. Treten sie gemeinsam mit anderen Stücken aus, erscheint es teil so, als wollten sie miteinander spielen. Weiterhin sind Jährlinge und Schmalrehe noch sehr neugierig. Erblicken sie beispielsweise einen Hasen oder Jungfuchs auf einer Äsungsfläche, kann es durchaus sein, dass die Stücke in deren Richtung rennen und sich die Sache mal genauer anschauen wollen. Beim Äsen werfen die Stücke im Vergleich zu Stücken anderer Altersklassen häufig auf und halten stets Ausschau nach „etwas Interesanntem“.
Sehr geringes Gehörn
Beim Ansprechen von Jährlingen achten viele Jägerinnen und Jäger vor allem auf das Gehörn der Stücke. Dabei ist die Aussagekraft häufig überschaubar. Denn so gibt es sowohl Jährlinge, die lediglich ein Knopfgehörn tragen als auch einjährige Rehböcke, die bereits mit einem Sechsergehörn prahlen. Neben der genetischen Veranlagung ist dies vor allem von der Äsungsverfügbarkeit abhängig. Stücke, die auf ein reichhaltiges Äsungsangebot zurückgreifen können, werden in der Regel auch ein stärkeres Gehörn schieben. Trotzdem gibt das Gehörn einen Hinweis auf das Alter des anzusprechenden Rehbocks. Trägt der Rehbock lediglich Knöpfchen oder wenige Zentimeter hohe Spieße auf dem Haupt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um einen Jährling handelt. Überalterte Rehböcke, die in der Realität jedoch sehr selten zu finden sind, schieben zwar unter Umständen auch nur noch sehr geringe Gehörne. Die Stangen scheinen jedoch dann direkt auf dem Haupt zu sitzen und häufig zu den Seiten wegzukippen. Weiterhin verraten die anderen Merkmale, allen voran hier der Körperbau, den alten Rehbock hier.
Sehr hohe Rosenstöcke
Hat man die Chance, das Haupt eines Jährlings aus der Nähe zu betrachten, fallen insbesondere die sehr hohen Rosenstöcke auf. Sie sind in der Regel mehrere Zentimeter hoch. Die Stangen des Jährlingsgehörns scheinen deshalb über dem Haupt des Stückes zu „schweben“. Zudem stehen die Stangen bei einem Jährling in der Regel mittig auf dem Haupt. Die Rosenstöcke sind häufig „nach innen“ – zueinander – gekippt. Mit zunehmendem Alter verringert sich die Höhe der Rosenstöcke sowie die Position. Bei alten Böcken scheinen die Rosenstöcke links und rechts vom Haupt herunterzuwandern.
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