Morgen- oder Abendansitz – was ist besser?

21. Juli. 2023

Klassischerweise findet die Ansitzjagd auf Rehwild in den Morgen- oder Abendstunden statt. Doch was ist eigentlich besser und warum?

Blick aus dem Fenster eines Hochsitz. Draßen ist eine grüne Wiese und ein Waldrand zu erkennen.

Foto: Markus Lück

Pauschal lässt sich auf diese eingangs gestellte Frage keine Antwort finden. Denn ob ein Ansitzplatz besser für den Morgen- oder eher für den Abendansitz zu nutzen ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Im Folgenden werde ich deshalb zunächst separat auf den Morgenansitz und den Ansitz in den Abendstunden eingehen.

Morgenansitz

Der Ansitz in den frühen Morgenstunden wird aus meiner Sicht von vielen Jägern unterschätzt. Die Abneigung gegen den Ansitz zum Start des Tages kann natürlich auch durchaus in den insbesondere in den Sommermonaten sehr kurzen Nächten begründet liegen. Denn soll nach einem Abendansitz auch am Morgen angesessen werden, bleiben einem in den Sommermonaten oft nur ein paar Stunden Schlaf. Hat man dann selbst noch Beute am Vorabend gemacht und mit den Jagdfreunden auf den Erfolg angestoßen, fällt es durchaus schwer, sich am Morgen aus den Federn zu zwingen.

Vor der Dunkelheit da aufbaumen

Generell ist es beim Ansitz am Morgen so, dass der Jäger noch vor der einsetzenden Dämmerung den Ansitzplatz bezogen haben sollte. Etwa 30 Minuten vor dem Hellwerden sind dabei optimal. So kann nach dem Aufbaumen auf der Kanzel oder dem Beziehen des Erdsitzes wieder Ruhe einkehren. Der Weg zum Ansitzplatz selbst sollte gut vorbereitet sein, muss man ihn doch in der Dunkelheit zurücklegen. Ideal ist es, wenn ein Pirschweg vorhanden ist. Der Untergrund sollte dort von Ästen sowie Laub befreit sein, damit sich der Jäger dort nicht durch knackende Äste oder Laubrascheln verrät. Hat man den Pirschweg nicht selbst angelegt und ist einem der Ansitzplatz für die Morgenstunden noch völig unbekannt, sollte man ihn zuvor bei Tageslicht erkunden. In der morgendlichen Dunkelheit würde dies viel zu viel Störung verursachen – und der Einsatz einer Taschenlampe auf dem Weg zum Hochsitz ist am Morgen tabu.

Wild ruht im Freien

Weiterhin ist bei der Wahl des Ansitzplatzes für den Morgen zu bedenken, dass das Wild häufig die Nacht über im Freien verbringt. Beispielsweise Rehwild ruht oft auf Wiesen und käut dort wieder. Einen weiten, ungedeckten Anmarschweg über die offene Feldflur sollte deshalb vermieden werden. Insbesondere wenn man morgens mal zu spät dran ist und bereits erstes Sonnenlicht vorhanden ist, wird man dann vom Wild entdeckt.

Schwarzwild ist ein Sonderfall

Generell eignen sich für den Rehwildansitz die gleichen Plätze wie für den Abendansitz. Rehwild ist generell sehr standorttreu und tritt häufig morgens sowie abends an denselben Stellen aus. Bei Schwarzwild ist das anders. Sauen streifen häufig in größeren Arealen umher. Sie besuchen auf ihren nächtlichen Streifzügen teils mehrere Reviere und klappern dabei unter anderen Kirrungen, natürliche Fraßplätze oder Suhlen ab. Insbesondere nach den kurzen Sommernächten bekommt man Schwarzwild ab und an in den frühen Morgenstunden bei Tageslicht zu Gesicht. Auf dem Weg zu den Tageseinständen verbummeln sich die Sauen manchmal und brechen auf Wiesen, an Waldrändern oder sind in reifenden Weizenschlägen zu finden. Insbesondere nahe von Rapsschlägen sind Sauen häufig an Morgenden in den Sommermonaten zu finden. Denn Schwarzwild nutzt Rapsäcker häufig als Tageseinstand und verbringt somit den ganzen Tag für den Menschen unsichtbar in der Feldflur. Hofft man als Jäger auf Schwarzwild, bietet sich der Morgenansitz aus meiner Sicht definitiv an.

 

Ein erlegtes Wildschwein liegt auf der Seite auf einer Wiese. An seiner Schnautze ist Blut zu erkennen.

Foto: Markus Lück

Abendansitz

Der Ansitz in den Abendstunden kann ebenfalls Beute bringen. Wesentlich leichter fällt beim Abendansitz der Marsch Richtung Ansitzplatz sowie das Aufbaumen auf den Hochsitz beziehungsweise der Bezug einer anderen Ansitzeinrichtung, hat der Jäger noch Tageslicht zur Verfügung. Dies sollte keinesfalls unterschätzt werden. Denn abgelegene, heimliche Ansitzplätze im Revier haben teils abenteuerliche Anmarschwege. Analog zu den Ansitzplätzen für den Morgen empfiehlt sich hier die Anlage eines Pirschwegs.

Achtung, Spaziergänger

Häufig ist es auch so, dass in stark von Spaziergängern, Fahrradfahrern oder Hundehaltern frequentierten Revieren, der Jäger in den Abendstunden von Besuchern gestört wird. Insbesondere in den warmen Sommermonaten zieht es die Menschen ins Freie – und das selbst bis in die späten Abendstunden. Vor allem wenn man als Jäger nur an den Wochenenden im Revier unterwegs ist, sollte dies dringend beachtet werden. Plätze nahe von gut ausgebauten Wegen können deshalb besser für den Morgen- als für den Abendansitz geeignet sein.

Erfolgversprechende Plätze für den Abendansitz sind sind natürlich – analog zu den erfolgversprechenden Plätzen für den Morgenansitz – Orte, die Einsicht in Äsungsbereiche des Wildes bieten. Wiesen, reifende Feldfrüchte, Waldbereiche mit Naturverjüngung, auflaufende Kahlschläge können solche Orte sein.

Wasser zieht Wild magisch an

In den Sommermonaten sollte die Nähe zu Wasser keinesfalls außer Acht gelassen werden. Plätze nahe von stehenden oder fließenden Gewässern werden von allen Wildarten häufig frequentiert. Sauen suchen in heissen Sommerphasen das kühlende Nacht beinahe in jeder Nacht auf. Dies kann zum einen aufgrund der Wasseraufnahme selbst oder für das so wichtige Suhlen geschehen.

Weitere gute Ansitzplätze für den Ansitz am Abend sind Stellen, von wo aus die Wechsel zu den Tageseinständen des Wildes einsehbar sind. Viele unserer Wildarten nutzen in der Regel stets dieselben Wechsel im Revier, um zu ihren Tageseinständen zu gelangen beziehungsweise von dort aus wieder auzuwechseln. Kann der Jäger diese Stellen einsehen, ist bereits früh am Abend mit Wildanblick zu rechnen.

Um Ansitzplätze zusätzliche Attraktivität zu verleihen, können Salzlecken, Wildäcker oder Äsungsstreifen angelegt werden. Und selbst durch das Freischneiden eines kleinen zugewachsenen Streifens mit dem Freischneider kann der Jäger für zusätzliche Attraktivität nahe des Ansitzplatzes sorgen. Denn die jungen Triebe von frisch austreibenden Pflanzen ziehen insbesondere unsere wiederkäuenden Schalenwildarten magisch an.

In den Sommermonaten bzw. im Frühsommer lohnt der Ansitz an reifenden Getreideschlägen. Auch hier sollte verstärkt auf die Wechsel in Richtung der Schläge gesetzt werden. So kann der Jäger bereits bei Tageslicht einen Schwarzkittel erbeuten. Die Wechsel sollten zuvor ausgekundschaftet werden und ggf. ein einfacher Ansitzbock rund 30 Meter vom Wechsel entfernt positioniert werden.

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