Jährlinge und Schmalrehe ansprechen – Tipps und Tricks
Zu Beginn der Jagdzeit auf Rehwild im April bzw. Mai setzen zahlreiche Jäger auf die Bejagung von Schmalrehen und Jährlingen. Wie diese Stücke sicher angesprochen werden können, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Foto: Markus Lück
Endlich! Die lange Zeit des Wartens ist vorbei – die Jagdzeit auf Rehwild läutet vielerorts den Beginn der aktiven Jagdzeit des neuen Jagdjahrs ein. Seit einigen Jahren ist es in ausgewählten Bundesländern erlaubt, bereits im April auf Rehböcke und Schmalrehe zu jagen. Spätestens aber ab 1. Mai ist es dann aber in allen Bundesländern erlaubt. Rehböcke und Schmalrehe haben Jagdzeit und dürfen nun bejagt werden. Zahlreiche Jäger setzen zu Beginn der Jagdzeit den Schwerpunkt bei der Rehwildbejagung auf Schmalrehe und Jährlinge. Und dafür gibt es gute Gründe! Vor allem bei Schmalrehen spricht aus meiner Sicht sehr viel für den frühen Eingriff.
Schmalrehe lassen sich zu Beginn der Jagdzeit im April bzw. Anfang Mai sehr gut ansprechen. Selbst unerfahrene Jäger können die einjährigen weiblichen Stücke zu dieser Zeit gut erkennen. Im weiteren Verlauf des Jahres wird das immer schwieriger. Denn mit fortschreitendem Alter werden Schmalrehe im Aussehen den Ricken immer ähnlicher. Und auch der Vergleich zu den hochtragenden Ricken im April bzw. Mai macht das Ansprechen zu Beginn der Jagdzeit deutlich leichter. Haben die Ricken erst einmal gesetzt und dann auch noch verfärbt, sind die Unterschiede nicht mehr sehr groß. Und mit zunehmender Selbstständigkeit der Kitze kommt es im fortschreitenden Jahr dann auch immer häufiger vor, dass Ricken ohne ihren Nachwuchs austreten. Ein adultes, weibliches Reh im Herbst oder Winter anzusprechen fällt dann deutlich schwerer, als im April und Mai.
Weiterer Aspekt für die frühe Bejagung von Jährlingen und Schmalrehen ist die hohe Sichtbarkeit des Wildes zu dieser Zeit im Jahr. Alle Wildtiere sind in den Frühlingsmonaten äußerst aktiv. Die frische Äsung auf den saftig grünen Wiesen sowie auf den Feldern und auch die frischen Triebe im Wald locken auch das Rehwild nahezu magisch an. Der Jäger kann zu dieser Zeit effektiv Beute machen.
Bei den Jährlingen spielt zudem die Territorialität bzw. Rivalität zu anderen Böcken eine Rolle bei der Sichtbarkeit der einjährigen Böcke. Zwar kann es durchaus sein, dass ein mehrjähriger Platzbock einen einjährigen Jüngling in seinem Revier duldet. Doch das muss keinesfalls so sein. Denn Rehwild ist in den Frühlings-, Sommer- sowie Herbstmonaten eine äußerst territorial lebende Wildart. Lebensräume werden klar abgesteckt und beispielsweise durch Plätzen und Fegen markiert. Eindringende Rivalen werden nicht geduldet und teils heftig vertrieben. In offener Feldflur kann dies im Frühjahr gut beobachtet werden. Hier habe ich bereits mehrfach beobachtet, wie ein mehrjähriger Rehbock einen Jüngling über mehrere Hundert Meter langanhaltend durch die Gegend gejagt hat. Im Übrigen lässt sich dieses Verhalten auch teils bei weiblichen Stücken beobachten. Ricken verteidigen ihr Territorium gegenüber anderen weiblichen Stücken auch teils. Und sie sind dabei häufig genauso energisch wie die Rehböcke.
Durch dieses ausgeprägte Territorialität kommt es deshalb im Verlaufe des späten Frühjahrs und Sommer dazu, dass Jährlinge und Schmalrehe häufig ihre Lebensräume wechseln und dann von heute auf Morgen von ihren angestammten Plätzen verschwinden. Ein lange ausgeguckter Jährling kann deshalb plötzlich in einer ganz anderen – vermutlich aus Lebensraumsicht – weniger attraktiven Ecke auftauchen. Um nun Anfang Mai bei Jährlinge zuzuschlagen, muss der Jäger diese sicher ansprechen. Im Folgenden verrate ich euch deshalb meine Tipps und Tricks, um Jährlinge und Schmalrehe sicher anzusprechen.
Verfärben
Ein sehr markantes Merkmal von Jährlingen und Schmalrehen im April und Mai ist der Stand des Verfärbens. In aller Regel verfärben junge Stücke und damit auch Schmalrehe und Jährlinge vor den mehrjährigen Böcken und Ricken. Schmalrehe und Jährlinge zeigen deshalb im April und Mai häufig schon eine „struppige“ Decke, die stellenweise am Wildkörper bereits vom Winter- zum Sommerhaar wechselt. Im Laufe des Mais tragen Jährlinge und Schmalrehe dann häufig schon bereits am ganzen Wildkörper die leuchtend rote Sommerdecke, während vor allem Ricken noch oft am gesamten Wildkörper die fahlgraue Winterdecke tragen. Bedingt durch das Setzen der Kitze und anschließende Laktieren wird bei den Ricken eine Großteil der Energiereserven und Nährstoffe dafür aufgewendet und steht somit für den Haarwechsel nicht zur Verfügung. Sie hinken deshalb im Haarwechsel den Schmalrehen deutlich hinterher. Doch auch mehrjährige Rehböcke sind häufig noch im gesamten Mai fahlgrau gefärbt und tragen somit ihre Winterdecke. Doch keine Regel ohne Ausnahme! Es gibt natürlich auch immer mal wieder mehrjährige Stücke, die früh Verfärben. Ein sicheres Ansprechen kann somit immer nur durch die Berücksichtigung mehrerer Merkmale erfolgen.
Foto: Markus Lück
Jährlinge sind noch im Bast
Für das Ansprechen von Jährlingen im April und Mai kann auch der Zustand des Gehörns zu Rate gezogen werden. Jährlinge tragen zu Beginn der Jagdzeit im April sowie auch Anfang Mai noch ihr Bastgehörn. Sie haben zu diesem Zeitpunkt in aller Regel noch nicht verfegt. Mehrjährige Böcke fegen teils bereits Ende Februar bzw. Anfang März und tragen in aller Regel im Mai ein gefegtes Gehörn auf dem Haupt. Die Stärke des Gehörns kann zwar auch als weiteres Ansprechmerkmal genutzt werden. Im Vergleich zum Fegezeitpunkt ist dies jedoch deutlich unsicherer. Ich würde es deshalb als Indiz im Ansprechprozess bezeichnen. Die Stärke des Gehörns hängt eng mit der Güte des Lebensraums und damit der Verfügbarkeit von Äsung zusammen. Rehböcke in Lebensräumen mit Äsung im Überfluss tragen in aller Regel deutlich stärkere Gehörne als Rehböcke, die auf kargen Standorten leben. Dennoch: Ein zierliches, dünnstangiges Gehörn mit dünnen Rosen ist ein Anzeichen für einen Jährling. Spießer, Gabler, Sechser – die Endenzahl hat jedoch keine Aussagekraft darüber, ob es sich bei dem Rehbock um einen Jährling oder einen mehrjährigen Bock handelt. Es gibt Jährlinge, die lediglich ein Knopfgehörn tragen, es gibt im Gegensatz dazu aber auch Jährlinge, die bereits ein Sechsergehörn auf dem Haupt tragen.
Filigrane Statur
Was Schmalrehe und Jährlinge vereint, ist die im Vergleich zu adulten Stücken filigrane Statur. Schmalrehe und Jährlinge befinden sich insbesondere zu Anfang der Jagdzeit im April und Mai noch in der Übergangszeit vom Kitz zum adulten Stück Rehwild. Die Stücke tragen deshalb noch leichte Merkmale von Kitzen. Dies gilt auch für die Statur. Insgesamt wirkt der Wildkörper von Jährlingen und Schmalrehen noch filigran. Der Träger ist verhältnismäßig dünn und durch die filigranen Wildkörper wirken die einjährigen Stück noch sehr hochläufig. Dies fällt insbesondere im direkten Vergleich zu einer Ricke oder einem mehrjährigen Bock auf. Stehen mehrjährige Stücke neben einjährigen im April oder Mai ist der Unterschied kaum zu übersehen. Doch auch hier muss stets der Lebensraum berücksichtigt werden! Rehe in äsungsreichen Lebensräumen sind deutlich stärker im Wildkörper als beispielsweise Rehe auf kargen Sandböden.
Blick zwischen die Hinterläufe
Das sichere Ansprechen von Schmalrehen hat im Vergleich zum Ansprechen von Jährlingen noch eine stärkere Brisanz. Denn so darf es keinesfalls passieren, dass eine führende bzw. trächtige Ricke erlegt wird. Tragende Ricken sind im April und Mai jedoch im direkten Vergleich aus meiner Sicht so gut wie immer selbst für unerfahrene Jäger sicher anzusprechen. Der kugelrunde Bauch, die fahlgraue Decke, das Starke Gebäude – all dies sind zu dieser Zeit sichere Merkmale für eine Ricke. Nach dem Setzen werden diese Merkmale jedoch immer undeutlicher. Dann kann ein Blick zwischen die Hinterläufe Aufschluss darüber geben, ob es sich bei dem beobachteten Stück um eine Ricke oder ein Schmalreh handelt. Bei Ricken ist in aller Regel nach dem Setzen die Spinne zwischen den Hinterläufen erkennbar. Doch Vorsicht: Dies muss nicht sein! Haben beispielsweise die Kitze vor Kurzem an der Spinne ihren Hunger gestillt, ist diese leergesaugt und damit weniger deutlich sichtbar. Dies muss stets beachtet werden.
Häufig noch mit Geschwistern unterwegs
Ein weiteres Indiz in der Kette der Ansprechmerkmale von Jährlingen und Schmalrehen ist das häufige Auftreten mit ihren Geschwistern. Oft setzen Ricken Zwillingskitze. Überleben beide Kitze das erste Lebensjahr und werden dann am 1. April des Folgejahres zum Jährling oder Schmalreh stehen diese sehr häufig zu Beginn der Jagdzeit im April und Mai noch beieinander. Die Stücke treten deshalb häufig zu zweit oder bei Drillingskitze gar zu dritt auf. Diese Bindung bleibt häufig sogar bis in den Sommer bestehen. In der Brunft (Ende Juli/Anfang August) löst sich diese Bindung zwischen Geschwister-Rehen dann häufig auf und die Stücke ziehen allein ihre Wege im Revier. Zu Beginn der Jagdzeit im April und Mai stehen Jährlinge sowie Schmalrehe zudem oft noch bei der zugehörigen Ricke. Die Bindung zwischen Muttertier und Nachwuchs bleibt dabei in aller Regel so lange bestehen, bis der nächste Nachwuchs gesetzt wird. Ab dem erneuten Setzen der Ricken dulden sie in der Regel auch den vorjährigen Nachwuchs nicht mehr in ihrer Nähe. Doch keine Regel ohne Ausnahme! Es kommt auch durchaus vor, dass vor allem Schmalrehe noch bei der zugehörigen Ricke nach dem Setzen der nächstjährigen Generation Kitze stehen.
Jugendliches, aufgeregtes Verhalten
Verglichen mit dem Menschen handelt es sich bei Jährlingen und Schmalrehen um Jugendliche. Analog dazu zeigen auch Schmalrehe und Jährlinge ein aufgewecktes oder gar aufgeregtes Verhalten. Beobachtet man Schmalrehe oder Jährlinge über längere Zeit, fällt auf, dass diese Stücke oft stetig in Bewegung bleiben. Sie sind äußerst neugierig und nähern sich häufig Artgenossen, um mal so sehen, was da so los ist. Auch auf Stücke anderer Arten reagieren Schmalrehe und Jährlinge teils mit großer Neugier. Wie ein junger Hund laufen sie oft auf Vögel, Hasen oder andere Schalenwildarten zu, um ihre Neugier zu stillen. Beo Beobachtung der einjährigen Stücke fällt zudem oft auf, dass sie häufig aufwerfen. Selbst beim ausgiebigen Äsen auf einer saftig grünen Wiese heben die Stücke in aller Regel im Abstand von wenigen Sekunden ihr Haupt und sondieren die Lage in der Umgebung. Frei nach dem Motto: „Vielleicht gibt es etwas Interessantes zu entdecken.
Nur die Summe aller Merkmale entscheidet beim Ansprechen von Schmalrehen und Jährlingen!
Ich habe es bereits geschrieben und dennoch möchte ich an dieser Stelle nochmal darauf hinweisen. Keines der vorgenannten Merkmale allein reicht aus, um einen Jährling oder ein Schmalreh sicher anzusprechen. Wie bei allen anderen Wildarten auch, zählt auch beim Ansprechen von Schmalrehen und Jährlingen nur die Summe aller Merkmale.
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